Werkstattplanung

Architektonische Grundprinzipien und bauliche Lösungen für freie Handelsbetriebe, Mehrmarken- und freie Werkstätten

Um ein individuelles Werkstattkonzept zu erarbeiten, müssen zunächst einige Grundlagen geschaffen und die Besonderheiten eines Betriebes berücksichtigt werden. Zum einen ist der tatsächliche Bedarf anhand eines Raumprogrammes zu ermitteln. Was ist die Zielgröße des Betriebes: Anzahl der Arbeitsplätze? Müssen besondere Werkstattplätze berücksichtigt werden? Wie viele Mitarbeiter sind einzuplanen? Ist eine Dialogannahme gewünscht? Wie groß ist der Lagerbedarf – erfolgt die Anlieferung just-in-time oder sind große Lagerflächen erforderlich? Wie soll die Kundenzone aussehen? Gilt es Anforderungen an das CI aus bestehenden Verträgen mit Herstellern zu beachten? Soll ein Servicecenter mit Verkaufsraum geplant werden oder eine Ausstellung für Neuwagen? Ist für die Nutzung im Online-Vertrieb ein Fotoarbeitsplatz gewünscht?

Elektrofahrzeuge
Ein besonderes Augenmerk muss auf die Planung von Werkstattarbeitsplätzen für Elektrofahrzeuge gelegt werden. Da von verunfallten Elektrofahrzeugen ein höheres Brandrisiko ausgeht sind herstellerseitige strenge Vorgaben für den Umgang mit Elektrofahrzeugen in ein spezielles Brandschutzkonzept umzusetzen. So muss ein verunfalltes Elektrofahrzeug zwingend im Freien mit ausreichend Sicherheitsabstand zum Gebäude abgestellt werden. Auch bei der Lagerung von Lithium-Ionen-Batterien sind spezielle Brandschutzanforderungen zu berücksichtigen. Batterien sind in einem abgetrennten, feuerbeständigen Bereich zu lagern, für beschädigte Batterien wird zusätzlich eine „Quarantänestation“ benötigt.

Grundstück
Des Weiteren gilt es ein für das geplante Objekt geeignetes Grundstück zu finden. Hier können diverse Fallstricke lauern. Nicht alle Grundstücke sind für das Neubauprojekt geeignet. Sei es wegen der Lage und Erschließung, der Topographie oder durch die Vorgaben des Bebauungsplanes wie z.B. Nutzungsart (Mischgebiete / Wohngebiete sind ungeeignet), dem Maß der baulichen Nutzung (Grad der Bebaubarkeit / Versiegelung des Grundstücks, beispielweise 80% oder gar nur 60% des Grundstücks können genutzt werden), Einschränkungen der Bebaubarkeit durch Baufelder oder Pflanzgebote, Schall- oder Lärmschutzanforderungen. Daneben muss ausreichend Raum für Stellplätze der Kunden, Mitarbeiter sowie reparierter Fahrzeuge und ausreichend Platz für Wenderadien und Wertstoffe berücksichtigt werden. Weitere Stellplätze sind erforderlich falls Fahrzeuge als Ausstellungsstücke präsentiert werden sollen.

Entwurfsplanung
Sind die Rahmenparameter geklärt, kann mit dem Entwurf begonnen werden. Neben der Ausrichtung auf dem Grundstück mit optimaler Sichtbarkeit / Werbewirksamkeit und der städtebaulichen Einordnung, kann anhand von Vorgabewerten die Größe des Gesamtobjektes ermittelt werden. Entscheidend sind z.B. die Verkaufszahlen (Neuwagen, Gebrauchtwagen), Werkstattdurchgänge usw. Auch sollten, wo es möglich ist, zukünftige Erweiterungsoptionen eingeplant werden. Architektonisch gilt es nun die verschiedenen Parameter wie Vorgaben von Herstellern, Maßangaben und Raumbedarf, bauherrenseitige CI-Vorgaben in Verbindung mit optimalen Raumfunktionen und Wegen unter einen Hut / in ein Gebäude zu bringen. Kurze Wege, Sichtverbindungen und eine geschickte Raumanordnung sorgen für einen optimalen Betriebsablauf.

Bewährt hat sich die Ausbildung eines sogenannten „Dreipunktes“. Hier bilden Dialogannahme bzw. Werkstatt und Lager zusammen mit dem Service / Teileverkauf einen Knotenpunkt. Drumherum ordnen sich die weiteren Funktionen nach den individuellen Bedürfnissen und gewollter Kundenwegeführung an: Eine Ausstellung ggf. nach Markenbereichen getrennt, eine Shop-Verkaufszone sowie die Verwaltung, womöglich als weitere Ebene eingeschoben. Nebenräume wie Archive, Entsorgungsbereiche, Flächen für Öl und Kompressor, WCs, Teeküchen sowie Technikflächen (Heizung, Hausanschluss) sind geschickt anzuordnen. Die eigentliche Werkstatt und Bereiche mit besonderen Arbeitsplätzen für Nutzfahrzeuge, Fahrassistenzsysteme o.ä., eine mechanische Werkstatt, Karosserie, Aufbereitung, Pflege, Waschhalle, Lackbereich je nach Bedarf befinden sich auf der anderen Seite des Dreipunktes.

Gibt es besondere Lagerbereiche z.B. für Räder, müssen auch diese nach Möglichkeit so geschickt platziert werden, dass die Wege dorthin kurz und auch eine Beschickung gewährleistet ist. Ein weiterer Bereich ist den Mitarbeitern vorbehalten. Sozialräume mit Umkleide-, Wasch- und WCs (für sowohl Männer als auch Frauen) und der Pausenraum haben besondere Anforderungen zu erfüllen und liegen in räumlicher Nähe zu den Arbeitsplätzen.

Bei alldem ist der Entwurf wirtschaftlich zu planen und zu strukturieren. Eine ansprechende zeitgemäße Architektursprache, eine kompakte Bauform z.B.  bei schmalem Budget, Durch- und Einblicke da, wo erforderlich und gewünscht, ein verkaufsförderndes Ambiente, ein ausgefeiltes Energie- und Versorgungskonzept, eine optimierte Konstruktion unter Berücksichtigung der Anforderungen aus dem Brandschutz machen zusammen eine gelungene und bezahlbare Planung aus, die das Projekt „Neubau“ dann Realität werden lässt.  Ein gutes und zukunftsorientiertes Architekturkonzept wird sich im Alltag bewähren und dem Nutzer lange dienen können.